Marias Erscheinungen in Paris, rue du Bac
BrŸder und Schwestern im Herrn!
Heute mšchte ich einmal Ÿber eine Marienerscheinung
sprechen, die nicht so bekannt ist wie die von Lourdes und Fatima, von der aber
ebenfalls ungemein viel Segen ausgegangen ist.
Und diese Marienerscheinung ist nicht einem ungebildeten
SchulmŠdchen, wie es Bernadette Soubirous in Lourdes war, zuteil geworden, auch
nicht drei schlichten Kindern, wie es Lucia, Francisco und Jacinta in Fatima
waren, sondern einer schulmŠ§ig recht ungebildeten, aber ungemein strebsamen,
frommen und opferbereiten Ordensnovizin in einem Kloster der Barmherzigen
Schwestern in Paris.
Ich meine die Marienerscheinungen des Jahres 1830 im Mutterhaus
der Barmherzigen Schwestern in der Rue du Bac in Paris.
Es war eine gro§e Gnadenstunde fŸr die Novizin Katharina
Labour, die damals nicht einmal schreiben konnte, als sie von der unbefleckt
empfangenen Gottesmutter als Werkzeug auserwŠhlt wurde fŸr die PrŠgung der
wundertŠtigen Medaille, von der so viel Segen seither ausgegangen ist.
Diese Gnadenstunde schlug, als der Novizin Katharina LabourŽ
am 18. Juli, am 27. November und dann ein drittes Mal im Dezember des Jahres
1830 in der Kapelle des Mutterhauses der Barmherzigen Schwestern in der Rue du
Bac in Paris die Gottesmutter erschien.
Sehen wir uns kurz die Erscheinungen Mariens, die der Hl.
Katharina LabourŽ damals – wie gesagt – erst Novizin – im
Jahre 1830 zuteil geworden sind, etwas nŠher an:
Pessimistisch eingestellte Katholiken erwecken in unserer
Zeit bisweilen den Eindruck, als warteten sie fšrmlich auf das Ende der Kirche
Jesu Christi, das nicht mehr aufzuhalten sei wegen des religišs-sittlichen
Niedergangs in der von Krisen geschŸttelten Kirche. Aber solch pessimistische
ãProphezeiungenÒ sollte man eigentlich den Feinden der Kirche Ÿberlassen, die
sich darin immer noch getŠuscht haben. Und Krisen wie heute hat die Kirche im
Laufe ihrer Geschichte schon oft durchgemacht und sie immer wieder erfolgreich
Ÿberstanden.
Wie war es denn in Frankreich wŠhrend der Gro§en
Franzšsischen Revolution und in der napoleonischen Zeit? Tausende von
Priestern, Ordensleuten und glŠubigen Laien waren hingemordet worden, das Blut
von MŠrtyrern floss damals in Frankreich in Stršmen. Zuletzt fra§ die
Revolution noch ihre eigenen Kindern, auch jene, die Ÿber die Kirche das
Todesurteil gefŠllt und dann auch zu vollstrecken begonnen hatten. Dann kamen
die Wirren der napoleonischen Kriege. Die PrŠpotenz des korsischen
Emporkšmmlings schleppte auch noch den Papst von Rom weg in die Gefangenschaft
– Das Ende der Kirche schien wirklich gekommen.
Und doch bewahrheitete sich damals – wie schon so oft
– das berŸhmte Wort des Kirchenschriftstellers Tertullian von Karthago:
ãSanguis martyrum – semen christianorum! Das Blut de MŠrtyrer ist der
Same fŸr neue Christen und – so mšchte ich hinzufŸgen – fŸr neue
Heilige!Ò Im Frankreich von damals war es wirklich so: Nach dem gewaltsam
herbeigefŸhrten Niedergang ein staunenswertes WiederaufblŸhen der Kirche!
Gerade damals, als in Frankreich das Ende der Kirche nahe schien, brachte
dieses Land eine ganze Reihe von Heiligen hervor und seine verwaisten Klšster
fŸllten sich wieder mit frischem, begeistertem Nachwuchs an jungen Ordensleuten:
Ich erinnere nur an die Hl. Maria Euphrasia Pelletier (1796
- 1868), die GrŸnderin der Guten-Hirten-Schwestern und an die Hl. Magdalena
Sophia Barat (1779 – 1865), die GrŸnderin der SacrŽ Coeur Schwestern.
Neben diesen franzšsischen OrdensgrŸnderinnen, die der Reihe nach in
staunenswerter Schnelligkeit ein neues Haus nach dem anderen mit Nachwuchs fŸr
ihre wachsende Ordensgemeinschaft fŸllen konnten, reiften in Frankreich zur
gleichen Zeit auch stille, verborgene Heilige heran, die nicht die stŸrmische
Dynamik solcher Ordensstifterinnen an sich hatten, sondern nur ganz schlicht und
still, treu und opferbereit die Pflichten ihres Standes erfŸllten:
Einer dieser stillen Heiligen, ist der von Seeleneifer
glŸhende Pfarrer Johannes Maria Vianney (1786 – 1859), eine ebenso
stille, noch viel verborgenere Heilige ist die so bescheidene, aber auch so
hoch begnadete Schwester Katharina LabourŽ (1806 – 1876).
Wenn man das Leben dieser Heiligen mit dem Blick auf ihren
100. Todestag am kommenden 31. Dezember 1876 Ÿberblickt, stellt man zunŠchst
einmal fest: Da gibt es eigentlich gar nichts Besonderes, ja eigentlich nur all
das, was man von tausenden und abertausenden anderen Schwestern in der
Nachfolge des Hl. Vinzenz v. Paul und der H l. Luise Marillac genauso aufzŠhlen
kšnnte: Ein stilles, in den Augen der Welt verborgenes Leben der Gottverbundenheit
im Dienste der Armen, der Kranken, der Alten. Dabei viel Gebet, viele Opfer und
Verzichtleistungen und Ÿber allem und hinter allem gro§e Gottes- und
NŠchstenliebe.
Was hat denn die Hl. Katharina LabourŽ auch schon besonderes
geleistet? Es gab nur Tag aus Tag ein die ihr von den Vorgesetzten zugeteilte
Arbeit in der KŸche, in der WŠscherei, an der Pforte und vor allem in der
Betreuung der alten Menschen, die sie gewaschen und bekleidet, vielfach auch
Lšffel um Lšffel gefŸttert und dann wieder mit viel Geduld von aller
Unsauberkeit gereinigt hat. Neben
der Arbeit das Gebet, privat und in der Gemeinschaft, in der Betrachtung und im
Messopfer. An Tugenden fŠllt an der Hl. Katharina LabourŽ vielleicht noch
besonders ihre Verschwiegenheit, ihre Bescheidenheit und Demut, ihre
Friedfertigkeit und Hilfsbereitschaft auf, alles eigentlich selbstverstŠndliche
Tugenden bei einer Ordensfrau, bei einer Barmherzigen Schwester, die es ernst
nimmt mit ihrem gottgeweihten Beruf.
Wenn jemand in einer Gemeinschaft eine hohe kirchliche oder
staatliche Auszeichnung erhŠlt, pflegt der oder die Geehrte gerne zu sagen, er
(sie) nehme die Auszeichnung nicht so sehr als persšnliche Ehrung, sondern
stellvertretend fŸr seine Mitarbeiter in der Gemeinschaft an. Ob sich die Hl.
Katharina LabourŽ bei ihrer von Papst Pius XI. und dann von Papst Pius XII.
empfangenen Auszeichnung der Seligsprechung 1933 und der Heiligsprechung 1947
im Himmel nicht €hnliches gedacht haben wird? ãIch empfange diese Auszeichnung
nur stellvertretend fŸr die vielen Mitschwestern, die gleich mir und zusammen
mit mir Christus treu gedient haben in den geringsten seiner BrŸder. Ich habe
ja nichts Besonderes getan und geleistet als nur das, was jede andere
Barmherzige Schwester, jede glŠubige, pflichtbewusste Krankenschwester auch
leistet, wenn sie treu ihre Berufspflichten erfŸllt!Ò
Dennoch mŸssen wir die Feststellung machen: in einem Punkt
ragt die Hl. Katharina LabourŽ Ÿber alle ihre Mitschwestern heraus: nŠmlich in
ihrem ganz einzigartig vertrauten VerhŠltnis zur unbefleckt empfangenen
Gottesmutter Maria. Die himmlische Mutter hat von frŸher Kindheit an auf
Katharina ganz besonders ihre Hand gelegt und sie unter ihren besonderen Schutz
genommen und schlie§lich zu ihrem Werkzeug in der Austeilung von Gnaden
erwŠhlt.
Die Hl. Katharina LabourŽ war
1. Ein
besonders begnadetes Marienkind, und sie war
2. Ein
besonders erwŠhltes Werkzeug der unbefleckt empfangenen Gottesmutter Maria.
1) Die Hl.
Katharina LabourŽ – ein besonders begnadetes Marienkind:
Zu Beginn des Marienmonats Mai des Jahres 1806 ist sie als neuntes von
11 Kindern einer tief glŠubigen Bauernfamilie in Fain-ls-Moutiers im SŸdosten Frankreichs geboren. Von ihrer
frommen Mutter, die so tapfer 11 x ihren Mutterpflichten nachkam, muss sie eine
gro§e, tiefe Liebe und Verehrung zur Gottesmutter ins Herz gesenkt bekommen
haben, wie sich beim allzu frŸhen Tod dieser christlichen Mutter zeigte: Im
bitteren Leid um den so frŸhen Verlust der Mutter umarmte das erst neuneinhalb
Jahre alte MŠdchen damals ganz spontan mit zŠrtlicher Liebe die Marienstatue in
der gro§en Stube des Elternhauses mit den Worten: ãMaria, jetzt bist du ganz
meine liebste Mutter!Ò
Immer inniger lernte Katharina die jungfrŠuliche Gottesmutter lieben,
verehren und nachahmen. Immer mehr erwachte – anfangs ihr gar nicht recht
bewusst – der stille Wunsch in ihrem reinen Kinderherzen, einmal sie, die
ganz Reine und Makellose, schauen zu dŸrfen. Immer mehr reifte Katharina dabei
auch zu echt marianischer Haltung heran mit dem Wunsch, Šhnlich der seligsten
Jungfrau in der Ganzhingabe an Gott, in jungfrŠulicher Reinheit und in
selbstloser Dienstbereitschaft fŸr die Mitmenschen demŸtige Magd des Herrn zu
sein. Das Beispiel ihrer Šltesten Schwester Marie-Luise, die bereits bei den
barmherzigen Schwestern eingetreten war, bestŠrkte sie in diesem Wunsch. Mit 18
Jahren stand es fŸr Katharina fest, es sei der Wille Gottes und Mariens, ihr
Leben ganz Gott zu weihen im demŸtigen Dienst an den Armen und Kranken.
Der Vater erschrak, als sie ihm diesen ihren Entschluss mitteilte,
Ordensfrau zu werden. Er hatte ja schon die Šlteste Tochter Marie-Luise Gott
geschenkt im Orden der barmherzigen Schwestern. Er wollte die zuverlŠssige
Tochter Katharina, die so gut im mutterlosen Haushalt zu verwenden war nicht
missen, er gab ihr nicht die Erlaubnis zum Klostereintritt, sondern sandte sie
zunŠchst nach Paris, wo ihr Šlterer Bruder mit seiner Frau einen kleinen
Gasthausbetrieb hatte. Der Vater hoffte, dass da seiner Tochter, wenn sie vom
zerstreuenden Leben der Gro§stadt Paris angezogen wŸrde, die Klostergedanken
ausgetrieben wŸrden. Aber Katharinas reine Seele blieb auch in Paris
unempfindlich fŸr allzu sehr von Gott ablenkende weltliche Freuden. Im
Gegenteil, ihre Sehnsucht nach dem Ordensleben wuchs hier noch mehr. In ihrer Seelennot
schrieb Katharina einen Brief an ihre Schwester Marie-Luise, die schon seit
sieben Jahren Barmherzige Schwester war. Sie teilte ihr ihren Entschluss mit,
unbedingt auch Barmherzige Schwester werden zu wollen, und sie berichtete im
Brief an ihre Schwester vom Widerstand des Vaters. Nach einiger Zeit erhielt
Katharina von ihrer Schwester Marie-Luise folgende Antwort: ãWenn dich der
liebe Gott wirklich ruft, dann folge ihm. Er verdient es, dass du ihn der Welt
vorziehst! ... Verlasse Paris und geh noch einige Zeit lang zur Tante Gontart
in Chatillon-sur-Seine, damit du dich noch mehr ausbildest und besser
franzšsisch sprechen und schreiben lernst.Ò Die Tante Gontard leitete ein sehr
angesehenes Pensionat fŸr Tšchter hšherer StŠnde. – Der Vater gab zu
diesem Aufenthaltswechsel Katharinas die Erlaubnis. Aber Katharina fŸhlte sich
auch in der neuen Umgebung nicht recht wohl, aber sie stellte wenigstens mit
Freuden fest, dass in Chatillon-sur-Seine eine Niederlassung der Barmherzigen
Schwestern war. Gerne ging sie in deren stille Klosterkapelle, um dort im Gebet
Gott die ErfŸllung ihres Herzenswunsches abzuringen. Schlie§lich wagte sie eine
Vorsprache bei der Oberin des Klosters. Im Sprechzimmer musste sie lŠngere Zeit
warten.
Da hatte sie ein eigenartiges Erlebnis: Das Bild eines heiligen
Priesters hing da an der Wand. Sie betrachtete es mit unbeschreiblicher Freude,
weil sie diesen Priester schon einmal – wie sie fest Ÿberzeugt war
– gesehen hatte.
Als die Oberin des Klosters endlich bei der TŸr zum Sprechzimmer
hereinkam, stand die 18jŠhrige Katharina immer noch, unverwandtem Blick auf das
Bild des heiligen Priesters gerichtet, da. Ihre ZŸge waren voll Freude und in
ihrer Stimme schwang ein verhaltener Jubel, als sie zur Schwester Oberin sagte:
ãLiebe Schwester Oberin, diesen Priester habe ich schon gesehen!Ò –
Darauf die Oberin: ãAber liebes MŠdchen, das ist ja ganz unmšglich, das ist ja
der Hl. Vinzenz von Paul, der schon vor fast 200 Jahren gestorben ist!Ò –
Darauf Katharina: ãIm Traum habÔ ich ihn gesehen, als ich noch jung war. In
unserer Kirche in Moutiers Saint Jean hab ich ihn gesehen. Er las die Hl. Messe
mit so viel Andacht, wie ein Heiliger. Nach der Hl. Messe hat er mir gewunken,
ich solle zu ihm kommen. Aber ich war so dumm, ich hatte Furcht vor ihm. Ganz
erbŠrmlich klein fŸhlte ich mich vor diesem heiligen Priester. Schnell bin ich
damals aus der Kirche gegangen, ohne seinen Ruf zu beachten. Dann habe ich eine
alte, gelŠhmte Frau in unserem Ort besucht, wie ich es fast nach jedem
Kirchgang zu tun pflegte. Und sonderbar, als ich diesmal bei ihr eintrat, war
wieder der Priester da. Er hat zu mir gesagt: ãMein Kind, jetzt fliehst du
mich. Aber einmal wirst du dich glŸcklich schŠtzen, zu mir zu kommen!Ò Es ist
ja nur ein Traum gewesen. Aber das Gesicht des Priesters hat sich mir ganz
deutlich eingeprŠgt. Er war es, dessen Bild hier hŠngt!Ò Die Schwester Oberin
erwiderte dann: ãEs kann ja wohl sein, dass der Hl. Vinzenz von Paul Sie ruft.
Die eine hšrt den Ruf durch ein Buch, aus dem Hl. Vinzenz von Paul zu ihr
spricht – eine andere hšrt den Ruf durch das gute Beispiel seiner
Schwester. Sie hšren den Ruf durch den Traum – aber Sie wollen auf TrŠume
nicht allzu viel geben. Es muss sich erst erweisen, ob Sie wirklich eine
Tochter des Hl. Vinzenz werden!Ò
Nach einiger Zeit kamen dann schlie§lich die Erlaubnis des Vaters und
die Erlaubnis der Generaloberin im Mutterhaus zu Paris fŸr den Eintritt
Katharinas in das Postulat und Noviziat der Barmherzigen Schwestern.
GlŸcklich durchlebte Katharina ihr stilles, arbeitsreiches Postulat.
DemŸtig und fromm, opferbereit und mit gro§er Gottesliebe erfŸllte sie ihre
Aufgaben. Auch ihre Noviziats-Zeit suchte Katharina aufs beste auszunŸtzen in
ernstem Streben nach Vollkommenheit, weil sie wusste: Maria, die seligste Jungfrau,
die sie innig liebte, will das von ihr, damit sie auf diese Weise Gott immer
mehr gefŠllt und ihm Freude macht.
2) Dabei
reifte Katharina nun zu dem heran, was dann ihre besondere Aufgabe und Sendung
werden sollte als gnadenhaft erwŠhltes Werkzeug der unbefleckt empfangenen
Gottesmutter Maria.
Vor 150 Jahren schlug fŸr die junge Novizin Katharina LabourŽ dreimal
eine gro§e Gnadenstunde, als ihr am 18. Juli, am 27. November und dann ein
drittes Mal im Dezember 1830 in der Kapelle des Mutterhauses der Barmherzigen
Schwestern in der rue du Bac in Paris die Gottesmutter erschien und sie zu
ihrem Werkzeug erwŠhlte fŸr die PrŠgung der wundertŠtigen Medaille, von der
seither so viel Segen ausgegangen ist, dass man Gott und der unbefleckt
empfangenen Gottesmutter Maria dafŸr nicht genug danken kann. Denn ganz
abgesehen von den wunderbaren leiblichen und seelischen Heilungen kranker
Menschen und armer, dem Glauben und der Kirche fernstehender SŸnder, die durch
die wundertŠtige Medaille bewirkt wurden, ist doch durch diese kleine Medaille
mit dem Bild Mariens und der vielsagenden Umschrift so viel Vertrauen in Maria
geweckt worden, dass dadurch allein schon unsagbar viel Segen fŸr die ganze
Welt ausgegangen ist.
Sehen
wir uns nun kurz die Erscheinungen Mariens, die der Hl. Katharina LabourŽ,
damals noch Novizin, im Jahre 1830 zuteilwurden, an:
Eines
Abends hatte Katharina – wie schon so oft in ihrem Leben – aus
ihrer gro§en Liebe zu Maria heraus eine ganz gro§e, brennende Sehnsucht, einmal
die Gebenedeite unter den Frauen schauen zu dŸrfen. Sie bat ihren Schutzengel
instŠndig, ihr zu dieser Gnade zu verhelfen. Mit diesem Gebet schlief sie in
der Nacht vor dem Fest des Hl. Vinzenz von Paul, am 19. Juli 1830 ein. Da wurde sie kurz vor Mitternacht durch
den dreimaligen Ruf geweckt: ãSchwester LabourŽ!Ò – Sie schob den Vorhang
in dem gemeinsamen Schwesternschlafsaal beiseite und sah zu ihrem Erstaunen ein
etwas vierjŠhriges, wei§gekleidetes, wunderschšnes Kind, das von solchem Licht
umstrahlt war, dass der ganze Schlafsaal erleuchtet schien.
ãKomm in
die Kapelle, die selige Jungfrau erwartet dich!Ò So sagte das Kind. Der erste
Gedanke der Schwester war: Man wird mich hšren und es merken. Doch schon antwortete das Kind auf
diesen Gedanken der Schwester: ãFŸrchte nichts – es ist halb 12 Uhr
– alle sind in tiefem Schlaf!Ò
So stand
Schwester Katharina auf und ging in
die Kapelle, die wunderbarerweise hellerleuchtet war. Kaum dort angekommen,
hšrte Sr. Katharina etwas wie das Rauschen eines seidenen Kleides; eine
wunderbar schšne Frau in wei§em Kleid und blauem Mantel nahte sich den Stufen
des Altares und lie§ sich dort in dem Stuhl nieder, den der Geistliche Direktor
(Spiritual) des Mutterhauses bei seinen geistlichen VortrŠgen zu benŸtzen
pflegt. Nach einem Augenblick des Zweifels und nach einer Aufforderung durch
das Kind, das Schwester Katharina aufgeweckt und in die Kapelle begleitet
hatte, warf sich Katharina zu FŸ§en der erschienenen Frau nieder und stŸtzte
die gefalteten HŠnde auf deren Knie. ã Ich fŸhlte die heiligste, innerste
Ergriffenheit meines ganzen Lebens, und es wŠre mir ganz unmšglich, sie zu
beschreibenÒ, bekannte Katharina spŠter. Dazu hei§t es noch in ihrem spŠteren
schriftlichen GedŠchtnisprotokoll: ãDie himmlische Mutter gab mir, ihrem Kinde,
manche Unterweisungen Ÿber mein Verhalten gegenŸber meinem SeelenfŸhrer und
vertraute mir vieles an, was ich nie wiedergeben sollÒ. Sie wies mit der Hand
auf den Altar hin mit der Mahnung, in allem Leid dorthin zu flŸchten und dort
mich auszusprechen. Dann erklŠrte die seligste Jungfrau: ãMeine Tochter, ich
will dich mit einer Sendung betrauen. Du wirst viel leiden mŸssen, sollst es
aber ertragen im Gedanken, dass es zur Ehre Gottes ist. Du wirst Widerspruch
finden, wirst aber von der Gnade gestŸtzt werden. FŸrchte nichts! Gib in
Einfalt und Vertrauen deinem SeelenfŸhrer Rechenschaft ...Ò. Dann gab die
erschienene Gottesmutter mehrere Ausblicke in die Zukunft, kŸndete Ereignisse
an, die sich 40 Jahre spŠter und in noch fernerer Zeit erfŸllen sollten,
ãEreignisse, wobei das Kreuz verachtet, zur Erde geworfen, zertreten und das
Herz unseres Herrn von neuem durchbohrt werden wirdÒ. Schlie§lich erhielt Schwester
Katharina, die – wohlgemerkt – damals erst Novizin war, den
Auftrag, den Geistlichen Direktor der Barmherzigen Schwestern darauf hinzuweisen,
dass verschiedene MissstŠnde in der klšsterlichen Gemeinschaft, Untreue
gegenŸber der Regel, viel zu gro§e Weltzugewandtheit usw. abgestellt werden
sollten. Dieser Auftrag der Gottesmutter an Schwester Katharina ist ungemein aufschlussreich
und heute wieder sehr aktuell, nicht blo§ fŸr die Kongregation der Barmherzigen
Schwestern, sondern fŸr fast alle Ordensgemeinschaften, die ja fast alle
– wie die Kirche insgesamt – in einer schweren Krise, nicht blo§ in
einer Nachwuchskrise stecken. Wšrtlich sage die Gottesmutter zu Katharina
Labour: ãDie Regel wird nicht mehr treu befolgt. Die genaue Beobachtung lŠsst
sehr stark zu wŸnschen Ÿbrig. Es herrscht eine gro§e Schlaffheit ... Es soll
alles nur Mšgliche getan werden, um die Treue zur Ordensregel wieder
durchzusetzten. Man soll schlechte LektŸre wieder ausschalten ... so viel
Zeitvergeudung, so viele unnštige Besuche usw. ... Ein Augenblick wird kommen,
in welchem die Gefahr Šu§erst gro§ sein wird und man alles fŸr verloren halten wird.
Aber sie
(Maria) wird dann da sein und helfen. Habt Vertrauen, lasst euch nicht
entmutigen!Ò
Als
Schwester Katharina, von dem strahlenden Kind – es wird wohl der
Schutzengel der Heiligen gewesen sein – geleitet, wieder in den
Schlafsaal zurŸckkam, schlug die Uhr gerade 2.00 Uhr frŸh.
Am 27.
November 1830 wurde der jungen Schwester Katharina LabourŽ eine neue
Erscheinung der Gottesmutter zu Teil: Es war der Vorabend des 1.
Adventsonntages. Die Schwestern befanden sich in der Kapelle des
Mutterhauses und meditierten Ÿber die Ordensregel. WŠhrend vollkommene Ruhe
herrschte, ãschien es mir, schreibt Schwester Katharina in ihrem Bericht an den
geistlichen SeelenfŸhrer, ãals ob ich von der Seite des Chores her ein GerŠusch
vernŠhme, von der Seite her, an der in der Kapelle das Bild des Hl. Joseph
hŠngt ... Als ich hinblickte sah ich die Gottesmutter in der NŠhe des Bildes
des Hl. Joseph. Sie war wei§ gekleidet, mit einem langen wei§en Schleier
bedeckt, der bis zu den F٤en hinabreichte. Das Gesicht Mariens war von Ernst
und Trauer geprŠgt, wenn es sich auch zeitweise erhellte. Maria stand auf einer
Halbkugel. Mit ihren beiden HŠnden, die bis zur Brust erhoben waren, hielt die
seligste Jungfrau einen Erdglobus empor, der kleiner war, als die Kugel, die
ihr als Fu§gestell diente. Plštzlich bemerkte Katharina an den Fingern der
Gottesmutter Ringe, die mit glŠnzenden Edelsteinen geschmŸckt waren. Die
Erdkugel, die Maria mit einer Bewegung voll Anmut und Kraft zum Himmel hob, war
nun auf einmal verschwunden. Die Finger wurden sichtbar. Es entsprangen ihnen
Feuerflammen, die in Form von Ringen von den Edelsteinen an den Fingern
ausgingen. Dann šffnete Maria ihre HŠnde, um die Feuerstrahlen wie einen Regen
auf die Halbkugel, auf der Maria stand, fallen zu lassen. Dann hšrte Katharina
eine Stimme, die ihr sagte: ãDiese Kugel stellt die ganze Welt dar –
besonders Frankreich – und jede Person im Besonderen!Ò Der Lichtschein
der Feuerstrahlen – wo wurde es der Schwester Katharina erklŠrt –
ist Symbol der Gnaden, die Maria Ÿber jene ausgie§en wird, die sie darum
bitten. Wšrtlich schreibt Katharina: ãIch verstand, wie angenehm es ist, die
seligste Jungfrau um etwas zu bitten, und wie gro§mŸtig sie denen gegenŸber
ist, die sie um etwas bitten und wie viele Gnaden sie denen vermittelt, die sie
darum bitten und welche Freude Maria empfindet, wenn sie diesen Menschen Gnade
vermitteln kann.Ò ãUm die seligste
Jungfrau herum bildete sich dannÒ, so berichtet Katharina weiter, ãein ovaler
Kranz. In dem Kranz standen in Goldbuchstaben die Worte: ãO Maria, ohne SŸnde
empfangen, bitte fŸr uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen!Ò
Beachten
wir, wann das geschah: 1830! Das Dogma der Unbefleckten EmpfŠngnis wurde erst
fast 25 Jahre spŠter, am 8. Dez. 1854 von Papst Pius IX. feierlich verkŸndet!
– Das geschaute Bild schien sich dann zudrehen und zu wenden. Katharina
sah die RŸckseite dieser geschauten Medaille: Darauf war das Monogramm Mariens,
ein gro§es M, das von einem Kreuz Ÿberragt wird, zu sehen, darunter zwei
Herzen: das eine von einer Dornenkrone umgeben, das andere von einem Schwert
durchbohrt. Ein Kranz von 12 Sternen bildete um das Ganze ein Oval.
Von
neuem lie§ sich jetzt eine Stimme hšren, die zu Katharina sagte: ãLass nach
diesem Muster eine Medaille prŠgen. Alle, die sie tragen, werden gro§e Gnaden
erhalten. Die Gnaden werden Ÿberreichlich sein fŸr diejenigen die die Medaille
mit Vertrauen tragen.Ò
ãDann
verschwand alles wie etwas, das erlischt. Ich aber bin voll Freude und Trost
zurŸckgebliebenÒ, so schlie§t der Bericht der Hl. Katharina LabourŽ Ÿber diese
Erscheinung.
Fast die
gleiche Schau und Mahnung wiederholte sich dann noch einmal im Dezember 1830.
Am Schluss verabschiedete sich Maria mit den Worten: ãMein Kind, von jetzt an
wirst du mich nicht mehr schauen, aber du wirst meine Stimme, meine
Einsprechung vernehmen!Ò
Wie ist
nun der Auftrag Mariens ausgefŸhrt worden?
Bei der
ersten Erscheinung war der Schwester Katharina gesagt worden, sie mšge ihrem
SeelenfŸhrer und Beichtvater alles mitteilen. Katharina gehorchte. Sie tat es
von neuem nach der zweiten Erscheinung, die noch bedeutsamer als die erste war
und die eine Botschaft fŸr die gesamte christliche Welt enthielt: die Botschaft
vom Vertrauen in Maria, die unbefleckt Empfangene. Und zu dieser Botschaft kam
der Auftrag, eine Medaille prŠgen zu lassen. Katharina teilte diesen Auftrag
dem Beichtvater vertrauensvoll mit; es war der Lazaristenpater Aladel, ein sehr
kluger, vorsichtig abwŠgender Mann, der mit der notwendigen ZurŸckhaltung
vorging; er wollte anfangs alles als eine Illusion und fromme Einbildung der
jungen Schwester hinstellen, darum
begnŸgte er sich zuerst, der spŠteren Heiligen ein paar Worte Ÿber die rechte
Verehrung der seligsten Jungfrau zu sagen; dazu stellte er die rechte
Nachahmung der Tugenden Mariens als das beste Mittel vor Augen, Maria zu Ehren
und sich ihres Schutzes zu vergewissern. FŸr sich selbst – ohne es der
Schwester Katharina zu sagen – nahm er die Erscheinung Mariens und ihren
Auftrag doch sehr ernst und Ÿberlegte, was gemacht werden kšnnte. Nach langen
†berlegungen suchte er um eine Audienz beim Erzbischof von Paris an; 1832
erhielt er sie. Erzbischof de QuŽlen von Paris war zwar ein kŸhler, aber doch
gerechter und frommer Oberhirte, der sich auf nichts einlie§, bevor er nicht
lange das FŸr und Wider abgewogen hatte. Er entschied sich zuerst fŸr eine - man kšnnte sagen – negative
Approbation (Guthei§ung) der Medaille, die man spŠter die ãWundertŠtige
MedailleÒ nennen sollte; er erklŠrte nŠmlich, dass eine solche Medaille, wenn
sie geprŠgt wŸrde, weder den christlichen Glauben noch die christliche Sitte
verletze. Die Medaille konnte also ohne Nachteil geprŠgt werden. Nachdem er so
zurŸckhaltend die Genehmigung erteilt hatte, beobachtete der Erzbischof genau
den weiteren Weg der Medaille; dieser Weg der Medaille aber sollte sich sehr
rasch als ein Siegeszug durch die Welt herausstellen. So schrieb der Pariser
Erzbischof sieben Jahre spŠter, am 1. JŠnner 1839 einen Hirtenbrief Ÿber die
ãWundertŠtige MedailleÒ, in welchem er ihre Gnadenweise darlegte und mit
folgendem Gebet schloss: ãO Maria, die (gšttliche) Weisheit besa§ dich seit
Beginn deiner Wege, du gottbegnadete Mutter, die du immer im Licht und nie in
der Finsternis weiltest, du neue Eva, die du der teuflischen Schlange den Kopf
zertreten hast, du mutige Judith, du Glorie Jerusalems, du Freude Israels, du
Ruhm deines Volkes, du liebenswŸrdige Ester, die du vom Gesetz befreit warst,
das wie ein Bannfluch auf allen Kindern Adams lastet, du voll der Gnaden und
gebenedeit unter allen Frauen, o Maria, ohne SŸnde empfangen, bitte fŸr uns,
die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen! Erwirke uns, du reinste Jungfrau, durch
diene heilige JungfrŠulichkeit und durch deine unbefleckte EmpfŠngnis die
Reinheit des Herzens und des Leibes im Namen des Vaters und des Sohnes und des
Hl. Geistes!Ò
Der
fromme Erzbischof von Paris hatte beweise gesammelt, die ihm vollauf
bestŠtigten, wie nŸtzlich und wohltŠtig bisher schon die Medaille war, die der Schwester
Katharina LabourŽ geoffenbart worden war. Aber bis zu jenem Zeitpunkt ahnte
noch niemand, wer zur so raschen Verbreitung dieser Medaille, die so schnell in
der ganzen Welt als wahrhaft wundertŠtig berŸhmt geworden war, den ersten
Ansto§ gegeben hatte. Katharina LabourŽ hatte nŠmlich geschwiegen; sie war dem
Befehl ihres Beichtvaters entsprechend Ÿberaus schweigsam und sprach zuletzt
nur dort, wo sie musste, Ÿber die erlebten Erscheinungen und empfangenen
Gnaden.
Unsagbar
viel Segen ist jedenfalls von der wundertŠtigen Medaille ausgegangen und von
den Marienerscheinungen, die der schlichten, frommen Barmherzigen Schwester
Katharina LabourŽ zuteil geworden sind im Jahre 1830. 1930 hat Papst Pius XI.
aus Anlass der Jahrhundertfeier dieser Marienerscheinungen geschrieben: ãDiese
Ereignisse gedenken wir mit umso grš§erer Freude, da sie fŸr viele GlŠubige zu
einer Quelle reichsten Segens fŸr Leib und Seele geworden sindÒ. Tragen wir sie fromm und glŠubig, diese
wahrhaft wundertŠtige Medaille, die schon so viele Heilungen kranker Leiber und
kranker Seelen auf die FŸrsprache der unbefleckt empfangenen Gottesmutter
bewirkt hat! Beten wir oft voll Vertrauen das Gebet, das auf der Medaille
steht: ãO Maria, ohne SŸnde empfangen, bitte fŸr uns, die wir zu dir unsere
Zuflucht nehmen!Ò Denken wir dabei aber auch an das bescheidene Werkzeug der
unbefleckt empfangenen Gottesmutter, die heilige Katharina LabourŽ, die vor 100
Jahren, am 31. Dez. 1876 zum ewigen Lohn heimgerufen wurde in die himmlische
Herrlichkeit. Dass diese schlichte, einfache, demŸtige Schwester glŠubigen
Herzens die Botschaft von Maria entgegengenommen, weitergegeben und selber
treu, opferbereit und verschwiegen im Geiste dieser Botschaft gelebt, gebetet,
gearbeitet und gelitten hat, darin lag, bei aller Verborgenheit ihres Lebens
als Barmherzige Schwester, ihre Grš§e, die durch die Heiligsprechung am 27.
Juli 1947, also vor 30 Jahren, ihre feierliche BestŠtigung durch den Papst
gefunden hat. Es war wohl auch dies ein Wunder der Gnade, dass – trotz
aller Vermutungen und trotz aller begreiflichen Neugier so mancher – bis
zum Tod der Hl. Katharina LabourŽ
nicht bekannt geworden ist, wer es war, der von der Gottesmutter den Auftrag
zur PrŠgung er wundertŠtigen Medaille bekommen hatte. So sehr sollte und wollte
die Hl. Katharina LabourŽ das verborgene Leben der demŸtigen Magd des Herrn
nachahmen. Erst als sie an diesem 13. Dezember 1876 die Gewissheit bekommen
hatte, dass sie das nŠchste Jahr 1877 nicht mehr erleben werde, da Ÿberwand sie
ihr Widerstreben und vertraute ihr Geheimnis ihrer Oberin an, nachdem die
beiden einzigen Mitwisser und Vollstrecker des Auftrags, ihr SeelenfŸhrer
Aladel und der Erzbischof de QuŽlen schon gestorben waren. Als die Oberin die
Hl. Katharina LabourŽ nun zu der empfangenen gro§en Begnadigung, die ihr zuteil geworden war, beglŸckwŸnschen
wollte, sagte die Heilige bescheiden und demŸtig: ãIch eine Begnadete? Ich war
ja nur ein Werkzeug. Nicht meinetwegen ist die seligste Jungfrau erschienen ...
Ich wurde nur erwŠhlt, damit man ja nicht zweifeln kšnne bei meiner
Armseligkeit, dass alles Gottes Werk ist. Ich konnte ja damals nicht einmal
schreiben.Ò
Nur
bescheidenes Werkzeug der unbefleckt empfangenen Gottesmutter wollte die Hl.
Katharina LabourŽ ihr Leben lang sein. Darum sagte Pius XII. bei der
Heiligsprechung mit Recht von ihr: ãIn der Verborgenheit, in der diese Heilige
46 Jahre lang gelebt hat und ihrer Mission gefolgt ist, hat sie ihre Aufgabe wunderbar
und fruchtbar erfŸllt ... Sie hielt sich an das Wort der ãNachfolge ChristiÒ:
Ama nesciri et pro nihilo reputari ... HabÔ es gern, dass man nichts von dir
wei§ und dich nur gering einschŠtzt!Ò Entscheidend ist allen, dass Gott sein
Wohlgefallen an uns haben kann, wie er es an der demŸtigen Magd des Herrn an
Maria hatte und an ihren Gnadenkindern. Amen